Ein tropfender Wasserhahn ist ärgerlich. Aber was, wenn das Wasser nicht von oben, sondern aus der Wand oder dem Boden kommt? In bestehenden Gebäuden sind Lecks in Rohrleitungen eine der teuersten und unangenehmsten Überraschungen. Die gute Nachricht: Sie müssen nicht die ganze Wohnung aufreißen, um sie zu finden. Mit modernen Methoden lassen sich Lecks präzise orten - oft mit einer Genauigkeit von weniger als zwei Zentimetern. Und das ohne unnötige Zerstörung, ohne Monate Wartezeit und ohne eine Rechnung, die doppelt so hoch ist wie die eigentliche Reparatur.
Warum Lecks im Bestand so schwer zu finden sind
In neuen Gebäuden ist alles einfach: Die Rohre liegen sichtbar, man sieht, wo sie verlaufen. Im Bestand? Da sind sie unter Putz, in Estrich, hinter Fliesen, in Dämmung oder unter Betonplatten. Und sie sind oft aus Kunststoff, Kupfer oder Grauguss - Materialien, die sich unterschiedlich verhalten, wenn sie undicht werden. Ein kleiner Riss in einer PE-X-Leitung lässt kaum Wasser nach außen dringen, aber genug, um den Estrich über Monate zu durchtränken. Bis die Wand feucht wird, ist der Schaden schon da. Und oft merkt man es erst, wenn der Boden knarrt, der Putz abblättert oder die Versicherung wegen Schimmel warnt.Daher ist die erste Regel: Warten Sie nicht, bis es sichtbar wird. Ein plötzlicher Anstieg der Wassereingänge, ein unerklärlicher Druckabfall im System oder ein feuchter Fleck, der nicht verschwindet - das sind Warnsignale. Die meisten Lecks entstehen an Stellen, die man nicht sieht: an Bögen, Anschlüssen, Klemmstellen oder dort, wo Rohre durch Metallplatten führen und sich abnutzen.
Die fünf Methoden, die Profis wirklich nutzen
Es gibt nicht die eine Wundermethode. Jede Technik hat ihre Stärken - und ihre Grenzen. Wer nur eine einzige Methode einsetzt, läuft Gefahr, das Leck zu übersehen. Die besten Ergebnisse erzielen Fachleute, die mindestens zwei Methoden kombinieren.- Tracergasmethode: Hier wird ein unsichtbares Gasgemisch (95% Stickstoff, 5% Wasserstoff) in das Rohrsystem gepumpt. Das Gas entweicht nur an der Leckstelle. Mit einem empfindlichen Sensor - wie dem Bacharach H10 Pro - wird es dann an der Oberfläche detektiert. Diese Methode ist der Goldstandard. Sie findet sogar Haarrisse unter 0,05 mm Durchmesser. Aber: Das Rohrsystem muss komplett entleert werden. Das ist aufwendig, aber notwendig. Erfolgsquote: 98,7% bei Leckraten unter 0,1 Liter pro Stunde.
- Elektro-akustische Methode: Lecks erzeugen Geräusche - ein leises Zischen oder Klopfen, das sich durch das Rohr und den Baustoff ausbreitet. Mit hochsensiblen Mikrofonen (z. B. RD7100 von Radiodetection) werden diese Schallwellen zwischen 1 und 5 kHz aufgefangen. Funktioniert besonders gut bei Druckwasserleitungen mit Fließgeschwindigkeiten über 0,5 m/s. Aber: Bei Kunststoffrohren mit dicker Dämmung (über 10 mm) oder bei sehr alten, verkrusteten Leitungen versagt sie. Erfolgsquote: 75-85%.
- Infrarot-Thermografie: Eine Wärmebildkamera (z. B. FLIR T865) misst Temperaturunterschiede von nur 0,03 °C. Warmes Wasser wärmt den Untergrund auf - auch wenn es nur ein kleiner Tropfen ist. Perfekt für Warmwasserleitungen mit Temperaturen über 35 °C. Aber: Bei Kaltwasserleitungen oder wenn die Temperaturdifferenz zur Umgebung unter 5 °C liegt, bleibt sie blind. Auch bei Estrichdicken über 8 cm wird sie unzuverlässig. Erfolgsquote: 92,4% bei optimalen Bedingungen.
- Rastermessung: Ein neues Verfahren, das mit Mikrowellen (2,45 GHz) die Feuchtigkeit im Estrich misst. Es erkennt, wo Wasser sich angesammelt hat - ohne zu bohren. Die Rastermessung 2.0 von Polygon Group (2025) erreicht eine Genauigkeit von nur ±0,7% relativer Feuchte. Ideal für große Flächen wie Fußbodenheizungen. Aber: Metallische Bewehrungen im Beton (z. B. Stahlmatten mit mehr als 2 cm Durchmesser) stören das Signal. Erfolgsquote: 98% bei Estrich bis 15 cm Dicke.
- EFT-Technik (Electrical Flux Tracking): Diese Methode nutzt eine schwache elektrische Spannung (12-24 V), die über das Rohr geleitet wird. An der Leckstelle fließt der Strom in den feuchten Baustoff - und wird dort detektiert. Besonders effektiv an Wand-Boden-Übergängen oder bei Anschlüssen. Aber: Funktioniert nur bei leitfähigen Materialien. Bei PE-X-Rohren oder bei fehlender Erdung des Systems ist sie nutzlos. Erfolgsquote: 85,2% bei geeigneten Anwendungen.
Die perfekte Kombination: Warum zwei Methoden besser sind als eine
Viele Handwerker versuchen es mit einer Methode - oft der billigsten. Aber das ist riskant. Die Deutsche Gesellschaft für Schadenverhütung (DGfS) hat es ausgerechnet: Wer nur eine Methode nutzt, hat eine Erfolgsquote von 78,3%. Wer zwei Methoden kombiniert, steigert diese auf 96,8%. Das ist kein kleiner Unterschied - das ist der Unterschied zwischen einer sauberen Reparatur und einer teuren Wiederholung.Die Top-Kombinationen, die Profis heute einsetzen:
- Tracergas + Thermografie: Die stärkste Kombination. Tracergas findet die Leckstelle im Rohr, Thermografie zeigt, wo das Wasser in den Boden oder die Wand ausgetreten ist. Erfolgsquote: 98,1%. Ideal für Warmwasserleitungen in Estrich.
- Akustisch + Rastermessung: Akustik findet die Quelle im Rohr, Rastermessung zeigt die Ausbreitung im Estrich. Perfekt für Fußbodenheizungen, wo das Leck nicht direkt über dem Rohr liegt.
- EFT + Rohrkamera: EFT lokalisiert den Anschluss, die Rohrkamera prüft den Zustand des Rohres von innen. Wird oft bei Sanierungen von Altbauten mit veralteten Kupferleitungen eingesetzt.
Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Mehrfamilienhaus in Köln hatte seit Monaten feuchte Wände im Erdgeschoss. Die erste Firma versuchte es mit Akustik - fand nichts. Die zweite Firma setzte Tracergas und Thermografie ein. Innerhalb von 90 Minuten war das Leck auf ±1,5 cm genau lokalisiert: ein winziger Riss in einer Kupferleitung unter dem Estrich, direkt unter der Badewanne. Keine Wand aufgemacht, keine Fliesen entfernt. Die Reparatur kostete 850 Euro - statt 3.850 Euro für eine Zerstörungsmaßnahme.
Was Sie vor der Ortung tun müssen
Bevor ein Fachmann kommt, gibt es drei Dinge, die Sie selbst tun können - und die die Erfolgschancen massiv erhöhen:- Wasser abstellen: Stellen Sie den Hauptwasserhahn ab. Das verhindert, dass das Leck weiter wächst und die Messung verfälscht.
- Druckprüfung durchführen: Wenn Sie einen Manometer (z. B. Testo 557) haben, können Sie selbst prüfen: Füllen Sie das System mit Druck, warten Sie 30 Minuten. Sinkt der Druck um mehr als 0,1 bar? Dann ist ein Leck da. Das spart Zeit und Geld beim Fachmann.
- Alte Rohrpläne suchen: Auch wenn sie ungenau sind - sie zeigen, wo Rohre verlaufen könnten. In Altbauten liegen sie oft im Keller, im Hausbuch oder bei der Hausverwaltung.
Vermeiden Sie es, selbst zu bohren oder zu schlagen. Das macht die Ortung nur schwerer. Ein falscher Schlag kann ein Leck vergrößern - oder ein neues erzeugen.
Was kostet eine Leckageortung?
Die Preise variieren je nach Region, Aufwand und Methode. In Leipzig oder Berlin liegen sie 23,7% über dem ländlichen Durchschnitt. Die durchschnittliche Stundensatz liegt bei 185,50 Euro, mit einer Mindestgebühr von 295 Euro. Eine typische Ortung mit zwei Methoden dauert 90-120 Minuten - also zwischen 350 und 550 Euro.Was Sie nicht bezahlen sollten: Angebote unter 200 Euro. Die sind oft zu gut, um wahr zu sein. Sie nutzen nur eine Methode - und das Leck bleibt. Die Versicherungen zahlen seit 01.01.2025 nur noch, wenn zertifizierte Methoden verwendet werden. Und die Zertifizierung kostet: Tracergas-Techniker brauchen 40 Stunden Schulung, Thermografie-Experten 80 Stunden. Wer das nicht hat, macht Fehler - und das kostet Sie später mehr.
Die größten Fehler bei der Leckortung
Auch Profis machen Fehler. Die häufigsten:- Nicht genug entleeren: Bei der Tracergasmethode bleibt noch Wasser im Rohr? Dann kann das Gas nicht richtig entweichen. 28,3% aller Fehlortungen passieren deshalb.
- Thermografiekamera nicht kalibrieren: Eine falsch eingestellte Kamera zeigt warme Stellen, wo keine sind. 19,7% der Fehler gehen auf ungenaue Kalibrierung zurück.
- Nur eine Methode nutzen: Das ist der größte Fehler. 92,7% der zertifizierten Sachverständigen kombinieren mindestens zwei Methoden. Wer das nicht tut, spielt mit dem Feuer.
- Keine Dokumentation: Ohne Zeitstempel, Fotos und GPS-Koordinaten ist die Ortung rechtlich wertlos. Seit Juli 2024 verlangt die VDS-Richtlinie 2048 die vollständige Dokumentation. Ohne sie zahlt die Versicherung nicht.
Was kommt als Nächstes?
Die Technik entwickelt sich rasant. Seit September 2025 gibt es die Rastermessung 2.0 mit KI-Auswertung - sie erkennt Feuchtigkeit mit einer Genauigkeit von 0,7%. Bis 2026 wird die europäische Norm EN 16937 die ersten einheitlichen Standards für Leckageortung einführen. Das bedeutet: Nur noch zertifizierte Anbieter werden den Markt beherrschen. Die Zahl der rein akustischen Methoden wird bis 2028 von 38,7% auf 12,3% sinken. Die Zukunft gehört der Kombination - und der Digitalisierung. 63,7% der Anbieter nutzen heute Apps wie „LeckFinder Pro“, um Messdaten sofort zu speichern, zu teilen und zu dokumentieren.Wenn Sie ein Leck vermuten: Zögern Sie nicht. Holen Sie einen zertifizierten Fachmann. Und lassen Sie sich zeigen, welche Methoden er einsetzt. Fragen Sie nach der Kombination. Fragen Sie nach der Dokumentation. Und verlangen Sie eine schriftliche Bestätigung - nicht nur ein Angebot. Denn ein Leck, das nicht richtig gefunden wird, wird zu einem Schaden - und der kostet viel mehr als die Ortung.
Wie erkenne ich, dass ich ein Leck in meiner Rohrleitung habe?
Ein Leck zeigt sich oft durch unerklärliche Feuchtigkeit an Wänden oder Böden, einen steigenden Wasserverbrauch, einen Druckabfall im Rohrsystem oder ein tropfendes Geräusch, das nicht von einem Wasserhahn kommt. Auch verfärbter Putz, Schimmelgeruch oder knarrende Fußböden sind Hinweise. Wenn Sie einen plötzlichen Anstieg der Wasserrechnung bemerken, ohne dass Sie mehr verbrauchen, ist das ein klares Signal.
Kann ich ein Leck selbst finden?
Sie können erste Anzeichen selbst prüfen: Den Hauptwasserhahn abstellen, den Druck im System mit einem Manometer messen und nach 30 Minuten prüfen, ob er gesunken ist. Aber die genaue Ortung erfordert spezielle Geräte wie Tracergas-Sensoren, Thermografiekameras oder akustische Mikrofone. Diese sind nicht im Einzelhandel erhältlich und erfordern Fachwissen. Selbstversuche mit Bohrmaschinen oder Abstreifen von Fliesen verschlimmern oft den Schaden.
Wann zahlt die Versicherung für die Leckageortung?
Seit dem 1. Januar 2025 zahlen die meisten Versicherungen nur noch, wenn die Leckortung mit zertifizierten Methoden durchgeführt wird. Dazu gehören Tracergas, Thermografie oder Kombinationen, die nach VDS-Richtlinie 3020 oder der neuen EN 16937 durchgeführt werden. Außerdem muss die Ortung vollständig dokumentiert sein - mit Zeitstempel, GPS-Koordinaten und Messprotokollen. Ohne diese Nachweise wird die Reparaturkostenübernahme oft abgelehnt.
Warum ist die Kombination aus zwei Methoden so wichtig?
Jede Methode hat Schwächen. Die Thermografie erkennt keine Kaltwasserlecks, die Akustik versagt bei dicker Dämmung, die Rastermessung wird von Metall gestört. Wenn Sie zwei Methoden kombinieren, kompensieren sie sich gegenseitig. Die Erfolgsquote steigt von 78,3% auf 96,8%. Das ist kein kleiner Unterschied - das ist der Unterschied zwischen einer sauberen Reparatur und einer teuren, wiederholten Sanierung.
Wie lange dauert eine Leckortung?
Die Vorbereitung (Wasser abstellen, Druckprüfung, System entleeren) dauert bei Einfamilienhäusern etwa 45 Minuten, bei Mehrfamilienhäusern bis zu zwei Stunden. Die eigentliche Ortung mit zwei Methoden dauert durchschnittlich 92 Minuten. Insgesamt planen Sie daher 2-3 Stunden ein. Die Reparatur selbst erfolgt danach meist innerhalb eines Tages - oft ohne große Zerstörung.
Was kostet eine Leckreparatur nach der Ortung?
Die Reparaturkosten hängen vom Ort und der Methode ab. Wenn das Leck in einer Wand oder im Boden lokalisiert wurde, kann die Reparatur zwischen 300 und 1.200 Euro liegen - je nachdem, ob nur ein kleiner Abschnitt ausgetauscht werden muss oder eine größere Fläche saniert werden muss. Im Vergleich dazu: Ohne präzise Ortung und mit Zerstörung der Fliesen oder Wände kostet die Reparatur oft 2.500 bis 5.000 Euro. Die präzise Ortung spart also nicht nur Zeit, sondern auch Geld.