Brandschutz in Mehrfamilienhäusern: Was Vermieter und Eigentümer wirklich wissen müssen

Brandschutz in Mehrfamilienhäusern: Was Vermieter und Eigentümer wirklich wissen müssen

Ein Brand in einem Mehrfamilienhaus kann innerhalb von Minuten zur Katastrophe werden. Nicht weil das Feuer besonders groß ist, sondern weil die Fluchtwege blockiert sind, die Rauchmelder nicht funktionieren oder niemand weiß, wer für was verantwortlich ist. In Deutschland leben über 12,8 Millionen Menschen in Mehrfamilienhäusern - und fast jeder dritte Vermieter hat schon mal einen Brandschutz-Mangel erlebt, den er nicht einmal bemerkt hatte.

Wer ist eigentlich verantwortlich?

Die Frage ist einfach: Wer zahlt, wenn es brennt? Die Antwort ist kompliziert. Die Verantwortung liegt beim Eigentümer - sei es der Einzelperson, einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) oder einer Immobilienfirma. Die Hausverwaltung kann Aufgaben übernehmen, aber nicht die Haftung. Das ist ein häufiger Irrtum. Wer die Schlüssel hat, trägt die Verantwortung. Das steht in der Musterbauordnung (MBO) und in den Landesbauordnungen, die in jedem Bundesland leicht anders aussehen.

Ein Beispiel: In Berlin muss ein Rauchwarnmelder im Schlafzimmer sein. In Bremen muss er auch im Flur installiert sein. In Hamburg ist eine Brandschutzordnung Pflicht, wenn das Haus mehr als fünf Wohnungen hat. Es gibt keine bundesweite Einheitlichkeit. Aber eines gilt überall: Der Eigentümer muss sicherstellen, dass alles funktioniert. Und das heißt nicht nur: Ich habe die Melder gekauft. Sondern: Ich habe sie geprüft, gewartet, dokumentiert und die Mieter informiert.

Was muss wirklich installiert sein?

Viele denken, Rauchmelder reichen aus. Das ist falsch. Rauchmelder sind nur ein Teil. Sie warnen - aber sie löschen nicht. Und sie helfen nur, wenn sie funktionieren. Seit 2017 sind sie in allen Bundesländern verpflichtend. In 15 von 16 Bundesländern müssen sie in Schlaf- und Kinderzimmern installiert sein. In Bremen auch in Fluren. Die Wartung liegt laut Gesetz beim Eigentümer - aber er kann sie vertraglich an den Mieter übertragen. Viele tun das. Und dann passiert das: Mieter tauschen die Batterien nicht aus. Oder sie entfernen die Melder, weil sie zu laut sind. Eine Umfrage der Deutschen Vermieterversicherung (DVV) aus 2023 zeigt: 42 % der Vermieter haben schon erlebt, dass Mieter Rauchmelder eigenmächtig ausgebaut haben.

Fluchtwege sind noch wichtiger. Der Treppenraum muss mindestens 1,20 Meter breit sein - und komplett frei bleiben. Keine Fahrräder, keine Kartons, keine Kinderwagen. Die Feuerwehr München hat 2023 ausgewertet: Bei 63 % aller Brandeinsätze in Wohnhäusern waren Fluchtwege blockiert. Das erhöht die Evakuierungszeit um fast fünf Minuten. Und in einem Brand hat jede Sekunde zählt. Wer einen Fluchtweg versperrt, gefährdet nicht nur sich selbst - sondern alle, die hinter ihm wohnen.

Feuerlöscher? In Mehrfamilienhäusern sind sie nicht automatisch Pflicht. Nur wenn es eine Feuerstätte gibt - wie ein Kamin oder ein Blockheizkraftwerk - oder wenn das Gebäude besonders groß oder komplex ist. In Büros oder Gewerbegebäuden ist das anders. Aber in Wohnhäusern? Meistens nicht nötig. Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht sinnvoll wären. Ein kleiner Löschschaum oder ein Feuerlöscher im Keller kann Leben retten - wenn jemand weiß, wie er ihn bedient.

Was kostet das?

Die Kosten sind der größte Streitpunkt. Eine Brandmeldeanlage für ein Haus mit acht Wohnungen kostet zwischen 3.000 und 15.000 Euro - je nach Technik und Gebäudegröße. Jährlich kommen 200 bis 500 Euro Wartungskosten dazu. Das klingt viel. Aber was kostet es, wenn es brennt? Die Deutsche Vermieterversicherung (DVV) dokumentiert: Bei einem Brand mit Personenschaden kann die Haftung bis zu einer Million Euro betragen. Und die Versicherung zahlt nicht, wenn die Brandschutzvorschriften nicht eingehalten wurden. 87 % der Wohngebäudeversicherer verlangen seit 2022 einen Brandschutznachweis bei Vertragsabschluss. Wer den nicht hat, bekommt keinen Vertrag - oder nur mit hohen Selbstbeteiligungen.

Ein weiterer Punkt: Die Kosten pro Quadratmeter Wohnfläche liegen durchschnittlich bei 18,50 Euro. Das ist weniger als die monatliche Hausgeld-Erhöhung, die viele Vermieter schon verlangen. Und es ist deutlich weniger als die Kosten für einen Schaden, der durch mangelnde Vorsorge entstanden ist. Wer spart, zahlt später doppelt.

Immobilienbesitzer mit Klemmbrett und Tablet in einem gut beleuchteten Flur, Wartungsprotokolle sichtbar.

Was passiert, wenn man nichts tut?

Viele Vermieter denken: Ich habe doch die Melder montiert. Das reicht. Das ist ein gefährlicher Irrglaube. Die Bauaufsicht kann Bußgelder verhängen - bis zu 5.000 Euro pro Verstoß. Aber das ist nur die Spitze des Eisbergs. Wenn ein Mieter bei einem Brand verletzt wird, weil der Fluchtweg blockiert war, kann der Eigentümer wegen fahrlässiger Körperverletzung belangt werden. Das ist kein theoretisches Risiko. In den letzten fünf Jahren gab es mehrere Gerichtsurteile, bei denen Vermieter zur Haftung verurteilt wurden, weil sie die Brandschutzpflichten ignoriert hatten.

Und die Versicherung? Die prüft nach einem Schaden genau, was vorher passiert ist. Wenn keine Wartungsprotokolle vorliegen, wenn die Fluchtwege nicht dokumentiert wurden, wenn die Mieter nie über Brandschutz informiert wurden - dann weigert sich die Versicherung, den Schaden zu zahlen. 23 % der befragten Vermieter in der DVV-Umfrage 2023 mussten Schadensersatzkürzungen hinnehmen - nur wegen fehlender Dokumentation.

Wie macht man es richtig?

Es gibt keine Geheimformel. Aber es gibt klare Schritte:

  1. Brandschutzkonzept erstellen: Was ist in meinem Haus wichtig? Welche Anlagen gibt es? Wer ist verantwortlich? Das braucht man für die Versicherung und für die Bauaufsicht.
  2. Wartung dokumentieren: Jeder Rauchmelder, jede Brandmeldeanlage, jeder Türschließer - alles muss protokolliert werden. Digitale Systeme helfen dabei. 78 % der Hausverwaltungen nutzen sie heute.
  3. Fluchtwege kontrollieren: Mindestens alle drei Monate eine Begehung machen. Fotos machen. Mängel notieren. Fristen setzen. Das hat in einem Fall die Compliance um 80 % erhöht, wie ein Vermieter auf Vermieterwelt.de berichtet.
  4. Mieter einbinden: Die Hausordnung um Brandschutzregeln ergänzen. Beim Mietvertrag unterschreiben lassen. Klare Regeln: Keine Fahrräder im Treppenhaus. Keine Melder entfernen. Bei Alarm sofort rausgehen.
  5. Brandschutzbeauftragten benennen: Bei größeren Anlagen ist das Pflicht. Aber auch bei kleinen Häusern sinnvoll. Ein Fachmann, der regelmäßig schaut, was fehlt.

Ein Tipp von erfahrenen Hausverwaltern: Machen Sie eine Brandschutz-Checkliste. Drucken Sie sie aus. Hängen Sie sie in den Keller. Und füllen Sie sie jedes Quartal aus. Das ist einfacher, als man denkt - und es rettet Leben.

Transparenzansicht eines Mehrfamilienhauses mit blockierten Fluchtwegen und laufender Uhr, symbolisch für verzögerte Evakuierung.

Was ändert sich 2025?

Ab 1. Januar 2025 müssen in allen Neubauten mit mehr als zwei Wohnungen eine zentrale Brandmeldeanlage installiert werden. Das hat das Bundesministerium für Wohnen im März 2024 beschlossen. Das ist ein großer Schritt. Aber es geht nicht nur um Neubauten. Auch bestehende Gebäude müssen nach und nach nachgerüstet werden - vor allem, wenn sie saniert werden.

Die Versicherungen reagieren schon jetzt. Allianz hat 2023 ein Bonus-Malus-System eingeführt: Wer nachweisen kann, dass er regelmäßig Wartungen macht, Fluchtwege frei hält und die Mieter schult, bekommt bis zu 15 % Rabatt auf die Versicherungsprämie. Das ist kein Gimmick. Das ist ein echter Anreiz.

Die Zukunft liegt in der Digitalisierung. Smarte Rauchmelder, die per App alarmieren, wenn die Batterie leer ist. Sensoren, die erkennen, ob ein Fluchtweg blockiert ist. Bis 2027 werden 65 % der neuen Mehrfamilienhäuser solche Systeme haben, prognostiziert das Fraunhofer-Institut. Aber auch das ersetzt nicht die menschliche Verantwortung. Technik ist ein Werkzeug - nicht die Lösung.

Was tun, wenn man unsicher ist?

Wenn Sie kein Experte sind - und die meisten Vermieter sind das nicht - dann holen Sie sich Hilfe. Die Hausverwaltung kann es. Die Feuerwehr bietet kostenlose Beratung an. Die IHK hat Merkblätter. Der Deutsche Mieterbund klärt über Rechte auf. Nutzen Sie diese Angebote. Eine Schulung durch die Hausverwaltung dauert durchschnittlich 8,5 Stunden - und spart später tausende Euro.

Es geht nicht darum, perfekt zu sein. Es geht darum, verantwortlich zu sein. Ein Brand ist kein Zufall. Er ist das Ergebnis von Vernachlässigung. Wer heute nichts tut, riskiert nicht nur sein Geld - er riskiert Leben.

Müssen Rauchmelder in jedem Zimmer installiert sein?

Nein. In allen Bundesländern müssen Rauchwarnmelder in Schlafzimmern und Kinderzimmern installiert sein. In Bremen gilt zusätzlich die Pflicht, sie auch in Fluren anzubringen. In anderen Räumen wie Wohnzimmer oder Küche ist es nicht gesetzlich vorgeschrieben, aber empfehlenswert, besonders wenn dort eine Feuerstätte steht.

Darf ich als Mieter Rauchmelder entfernen, wenn sie zu laut sind?

Nein. Rauchmelder sind eine Sicherheitsvorrichtung, die der Eigentümer installiert hat. Mieter dürfen sie nicht entfernen, abklemmen oder die Batterien herausnehmen. Wer das tut, verstößt gegen die Mietvertragspflichten und kann mit einem Abmahnung oder sogar einer Kündigung rechnen. Wenn der Melder ständig anspringt, sollte der Eigentümer ihn prüfen lassen - vielleicht ist er defekt oder falsch platziert.

Wer zahlt die Wartung der Rauchmelder?

Der Eigentümer ist gesetzlich verantwortlich. Er kann die Wartung aber vertraglich an den Mieter übertragen - zum Beispiel in der Hausordnung oder im Mietvertrag. Dann ist der Mieter dafür verantwortlich, die Batterien zu wechseln und den Melder zu testen. Aber der Eigentümer bleibt haftbar, wenn der Melder nicht funktioniert - deshalb sollte er regelmäßig nachfragen.

Ist eine Feuerlöscherpflicht in Mehrfamilienhäusern gesetzlich vorgeschrieben?

Nein, nicht allgemein. In Wohnhäusern ist die Pflicht nur in Sonderfällen gegeben - etwa wenn eine Feuerstätte wie ein Kamin oder ein Blockheizkraftwerk vorhanden ist, oder wenn das Gebäude sehr groß oder komplex ist. In Büros oder Gewerbegebäuden ist das anders. Aber auch ohne Pflicht ist ein Feuerlöscher im Treppenhaus oder Keller eine sinnvolle Ergänzung - wenn er leicht zugänglich und die Mieter wissen, wie man ihn benutzt.

Was passiert, wenn die Versicherung den Schaden nicht zahlt?

Wenn die Versicherung feststellt, dass Brandschutzvorschriften nicht eingehalten wurden - etwa weil Fluchtwege blockiert waren, Wartungen nicht dokumentiert wurden oder Rauchmelder nicht funktionierten - kann sie den Schadensersatz komplett verweigern. Das bedeutet: Der Eigentümer muss den Schaden selbst tragen - inklusive Reparaturkosten, Mietausfälle und eventuelle Schadensersatzansprüche von verletzten Mietern. In solchen Fällen kann die Haftung leicht über 100.000 Euro betragen.

Wie oft muss ich die Fluchtwege kontrollieren?

Mindestens alle drei Monate. Das ist die Empfehlung von Brandschutzexperten und Hausverwaltern. Bei größeren Gebäuden oder wenn es häufig Probleme mit blockierten Wegen gibt, sollten die Kontrollen monatlich erfolgen. Wichtig ist: Jede Kontrolle muss dokumentiert werden - mit Datum, Unterschrift und Fotos, falls nötig. Das schützt Sie im Fall eines Schadens.

Kann ich als Vermieter die Kosten für Brandschutz auf die Mieter umlegen?

Ein Teil ja, ein Teil nein. Die Kosten für die Installation und Wartung von Rauchmeldern, Brandmeldeanlagen oder Sprinkleranlagen können als Modernisierungskosten in die Nebenkostenabrechnung einbezogen werden - vorausgesetzt, sie sind gesetzlich vorgeschrieben oder verbessern die Wohnqualität. Aber die Kosten für eine Brandschutzordnung, Begehungen oder Schulungen zählen nicht dazu. Diese müssen vom Eigentümer selbst getragen werden.

Was ist ein Brandschutzkonzept und brauche ich das?

Ein Brandschutzkonzept ist ein schriftliches Dokument, das beschreibt, welche Maßnahmen in Ihrem Haus getroffen wurden: Welche Anlagen sind vorhanden? Wer ist verantwortlich? Wie wird gewartet? Wann werden Kontrollen durchgeführt? Bei Gebäuden mit mehr als fünf Wohnungen ist es oft Pflicht. Aber auch bei kleineren Häusern ist es sinnvoll - besonders für die Versicherung und im Falle eines Rechtsstreits. Es zeigt, dass Sie verantwortungsbewusst handeln.