Haftung bei Renovierungsschäden am Haus: Wer zahlt wirklich?

Haftung bei Renovierungsschäden am Haus: Wer zahlt wirklich?

Stell dir vor, du hast dein Haus renoviert - neue Fenster, frische Fassade, modernisierte Heizung. Alles läuft glatt, bis plötzlich die Wand deines Nachbarn reißt, der Boden in der Wohnung darunter feucht wird oder der alte Öltank im Garten plötzlich austritt. Jetzt fragst du dich: Wer zahlt das? Du? Der Handwerker? Die Gemeinschaft? Die Versicherung?

Wer ist verantwortlich, wenn während der Renovierung etwas kaputtgeht?

Die Antwort ist nicht einfach. Es hängt davon ab, was kaputtgegangen ist, wie es passiert ist und wer daran beteiligt war. Das deutsche Recht hat dafür klare Regeln - vor allem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Wenn du als Eigentümer deine Immobilie sanierst, trägst du die Verantwortung für alles, was schiefgeht. Das gilt sogar, wenn du alles richtig gemacht hast. Denn nach § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB haftest du als Verkäufer oder Eigentümer für alle Sachmängel, die du nicht offensichtlich gemacht hast. Das bedeutet: Selbst wenn du nichts gewusst hast, musst du zahlen, wenn ein versteckter Schaden nach der Renovierung auffällt.

Ein typischer Fall: Ein Käufer entdeckt nach dem Kauf einen alten, undichten Öltank im Garten. Der Verkäufer hat ihn nicht erwähnt, weil er dachte, er sei unschädlich. Der Käufer muss ihn entfernen - Kosten: 12.500 Euro. Wer zahlt? Der Verkäufer. Nicht weil er schuldig war, sondern weil der Mangel existierte. Das ist das Prinzip der objektiven Haftung im Kaufrecht.

Was passiert, wenn der Nachbar Schaden hat?

Renovierungen sind oft laut, staubig und gefährlich - besonders für die Nachbarn. Wenn dein Bauunternehmen mit Bohrmaschinen oder Spundwänden arbeitet und dadurch Risse in der Wand des Nachbarn entstehen, dann bist du als Grundstückseigentümer verantwortlich. Nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB haftest du für unerlaubte Eingriffe in das Nachbargrundstück. Das gilt unabhängig davon, ob du den Handwerker beauftragt hast oder selbst geschraubt hast.

Ein Urteil des Oberlandesgerichts München vom 11. September 2019 hat das klar bestätigt: Der Eigentümer und das Bauunternehmen waren gesamtschuldnerisch haftbar. Das heißt: Der Nachbar kann von beiden das Geld verlangen - egal, wer schuld ist. Der Handwerker zahlt dann später von dir zurück, wenn du ihn beauftragt hast. Aber bis dahin hast du das Geld vorgestreckt.

Was viele nicht wissen: Selbst wenn du nur einen kleinen Teil der Renovierung selbst machst - etwa ein Fenster einbauen - und dabei ein Nachbarhaus beschädigst, bist du persönlich haftbar. Die private Haftpflichtversicherung deckt das meist nicht ab, wenn es um bauliche Arbeiten geht.

Was ist mit der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG)?

Wenn du in einem Mehrfamilienhaus wohnst, ist die Lage komplizierter. Hier gibt es Gemeinschaftseigentum (Dach, Fassade, Keller, Treppenhaus) und Sondereigentum (deine Wohnung). Wer zahlt, wenn das Dach undicht wird und deine Decke nass wird?

Wenn das Dach renoviert werden muss - und du als Eigentümer dagegen gestimmt hast oder dich der Stimme enthalten hast - dann bist du trotzdem haftbar, wenn durch die Verzögerung weitere Schäden entstehen. Der Bundesgerichtshof hat 2014 entschieden: Jeder Wohnungseigentümer muss an Beschlüssen über dringend erforderliche Instandhaltungsmaßnahmen mitwirken. Wer das ignoriert, wird später für die Folgeschäden verantwortlich gemacht.

Beispiel: Die WEG beschließt, das Dach in zwei Jahren zu sanieren. Du sagst Nein, weil du keine Kosten tragen willst. Zwei Jahre später läuft das Dach bei jedem Regen ein - und deine Wohnung wird beschädigt. Wer zahlt? Die WEG - aber nur, wenn sie versagt hat. Du zahlt aber auch, weil du den Beschluss blockiert hast. Die Kosten werden nach deinem Miteigentumsanteil verteilt - und du hast trotzdem deine Wohnung reparieren müssen.

Gerichtssaal mit vorher-nachher-Fotos eines Schadens, Richter prüft Beweise.

Was deckt die Versicherung?

Viele denken: Ich habe eine Gebäudeversicherung, also ist alles geregelt. Falsch. Die Gebäudeversicherung zahlt nur für Schäden an der Immobilie selbst - und nur, wenn sie durch Naturereignisse wie Sturm, Hagel oder Feuer entstanden sind. Nicht für Schäden durch schlechte Arbeit, veraltete Leitungen oder versäumte Wartung.

Die Hausratversicherung zahlt für deine Möbel, wenn sie durch Wasser beschädigt werden - aber nur, wenn der Schaden nicht durch deine eigene Fahrlässigkeit entstanden ist. Und oft lehnt sie Zahlungen ab, wenn die Schadenssumme unter 500 Euro liegt.

Die Bauherrenhaftpflichtversicherung? Die gilt nur, solange das Gebäude noch im Bau ist. Sobald die Bauabnahme stattgefunden hat - also wenn du den Schlüssel bekommen hast - ist sie ungültig. Wenn du jetzt drei Jahre später die Küche renovierst, hast du keine Deckung mehr. Viele Eigentümer wissen das nicht - und zahlen dann selbst.

Die Lösung? Eine Renovierungs-Haftpflichtversicherung. Sie deckt Schäden ab, die während Renovierungsarbeiten entstehen - an Nachbargrundstücken, an der eigenen Immobilie oder an fremden Gegenständen. Sie kostet zwischen 150 und 400 Euro pro Jahr, je nach Umfang der Arbeiten. Für eine größere Sanierung lohnt sie sich immer.

Was passiert, wenn der Handwerker schuld ist?

Wenn ein Handwerker schlecht arbeitet - etwa eine Dachrinne falsch montiert, die dann Wasser ins Mauerwerk leitet - dann haftet er. Aber nur, wenn du den Schaden nachweisen kannst. Und hier liegt das Problem: Die meisten Eigentümer haben keine Dokumentation. Keine Fotos vorher, keine Protokolle, keine schriftlichen Vereinbarungen.

Der Handwerker sagt: „Das war schon vorher so.“ Du sagst: „Nein, das ist neu.“ Wer hat recht? Ohne Beweise - du nicht. Deshalb ist Dokumentation das Wichtigste, was du tun kannst.

Und: Der Handwerker haftet nur fünf Jahre nach der Bauabnahme. Danach ist er frei. Wenn du also nach sieben Jahren merkst, dass die neue Dämmung schlecht verarbeitet wurde, hast du keinen Anspruch mehr. Das ist ein großer Fallstrick.

Was du jetzt tun kannst - 4 Schritte zur Haftungsvermeidung

Die meisten Schadensfälle sind vermeidbar. Hier sind die vier wichtigsten Schritte, die du vor jeder Renovierung machen solltest:

  1. Dokumentiere den Ist-Zustand. Mache vor Beginn der Arbeiten Fotos von allen Wänden, Decken, Böden und Nachbargebäuden. Schreibe auf, wo Risse, Feuchtigkeit oder andere Auffälligkeiten sind. Bewahre das auf - digital und physisch.
  2. Kläre deine Versicherung. Rufe deine Versicherung an und frage: „Deckt meine Haftpflichtversicherung Renovierungsarbeiten ab?“ Wenn nein - schließe eine spezielle Renovierungs-Haftpflichtversicherung ab. Das kostet wenig, aber schützt viel.
  3. Hole schriftliche Haftungszusagen ein. Jeder Handwerker, der bei dir arbeitet, muss dir einen schriftlichen Vertrag geben - mit klaren Angaben zu Haftung, Gewährleistung und Arbeitsumfang. Keine mündlichen Absprachen. Keine „Vertrauenssache“.
  4. Bei WEG: Beschlussfassung einhalten. Wenn Sanierungen notwendig sind, stimmst du dafür - oder du bist später selbst verantwortlich. Lass dich nicht von Kosten abschrecken. Ein verzögerter Dachersatz kostet später drei Mal so viel.
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Was sind die häufigsten Schäden - und wer zahlt dafür?

Die Deutsche Schadenshilfe hat 2024 eine Auswertung veröffentlicht. Die fünf häufigsten Renovierungsschäden sind:

  • Feuchtigkeitsschäden (38 %) - meist durch undichte Dächer, schlecht verlegte Fenster oder fehlende Abdichtung. Haftung: Eigentümer oder WEG.
  • Unsachgemäße Renovierungsarbeiten (27 %) - etwa falsch verklebte Fliesen, die abfallen, oder eine Heizung, die nicht richtig angeschlossen ist. Haftung: Handwerker, wenn nachweisbar.
  • Nachbarschäden durch Bauarbeiten (19 %) - Erschütterungen, Bohrungen, Spundwände. Haftung: Eigentümer und Bauunternehmen gesamtschuldnerisch.
  • Verweigerte Sanierungsmaßnahmen (16 %) - besonders bei WEGs, wenn Einzelpersonen blockieren. Haftung: Alle, die gegen den Beschluss gestimmt haben.
  • Versteckte Mängel nach dem Kauf (12 %) - altes Leitungsnetz, Asbest, undichte Tanks. Haftung: Verkäufer, unabhängig von Wissen.

Ein weiterer Alarm: 72 % der Immobilienkäufer wissen nicht, dass sie auch bei „gekauft wie gesehen“ noch Anspruch auf Mängelbeseitigung haben. Das ist ein gefährlicher Irrglaube. Der Verkäufer haftet trotzdem - und wenn er nicht zahlt, musst du den Schaden selbst tragen, wenn du nicht rechtzeitig handelst.

Was ändert sich 2025?

Seit Januar 2024 gilt das Digitalbau-Gesetz. Jetzt müssen alle Bau- und Renovierungsarbeiten digital dokumentiert werden - inklusive Fotos, Zeitstempel, Unterschriften und Materialnachweise. Das gilt zunächst für öffentliche Projekte - aber bald auch für private. Bis 2026 werden alle Baugenehmigungen in Österreich und Deutschland digitale Nachweise verlangen.

Das bedeutet: Wer keine Dokumentation hat, hat keine Chance, sich vor Haftung zu schützen. Die Beweislast liegt dann bei dir. Wenn du keinen Nachweis hast, werfst du dich selbst an.

Die Rechtsprechung wird strenger. Der Bundesgerichtshof hat 2024 klargestellt: Du haftest auch dann, wenn du einen Schaden nicht verursacht hast - aber du hast eine fällige Sanierung nicht durchgeführt. Das ist kein Versehen mehr - das ist Fahrlässigkeit.

Was tun, wenn du schon Schaden hast?

Wenn der Schaden schon da ist: Keine Panik. Aber sofort handeln.

  • Sofort Fotos machen - vom Schaden, vom Ursprung, von den betroffenen Stellen.
  • Nicht selbst reparieren - das zerstört den Beweis.
  • Einen unabhängigen Sachverständigen beauftragen. Kosten: 850-2.500 Euro. Aber es lohnt sich. Ohne Gutachten hast du keine Chance vor Gericht.
  • Die Versicherung informieren - aber nur nach Rücksprache mit dem Gutachter. Frühzeitige Meldung ist Pflicht.
  • Keine schriftlichen Erklärungen unterschreiben, bevor du nicht beraten wurdest.

Die meisten Schadensfälle werden außergerichtlich geregelt - wenn man gut vorbereitet ist. Wer warten oder hoffen will, verliert.

Wer zahlt bei Nachbarschäden durch Renovierungsarbeiten?

Der Grundstückseigentümer und das ausführende Bauunternehmen haften gesamtschuldnerisch. Das heißt, der Nachbar kann von beiden das Geld verlangen - egal, wer schuld ist. Der Eigentümer muss dann später vom Handwerker zurückverlangen, wenn dieser verantwortlich ist. Eine Renovierungs-Haftpflichtversicherung deckt diesen Schaden ab.

Haftet die WEG, wenn ein Einzelperson die Sanierung blockiert?

Ja. Wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft einen Beschluss über eine dringend erforderliche Sanierung fasst - etwa eine Dachsanierung - und ein Eigentümer dagegen stimmt oder sich enthalten, haftet er später für Folgeschäden. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt: Jeder Eigentümer muss an solchen Beschlüssen mitwirken. Wer blockiert, wird persönlich haftbar.

Deckt die Gebäudeversicherung Renovierungsschäden?

Nein. Die Gebäudeversicherung zahlt nur bei Naturereignissen wie Sturm, Hagel, Feuer oder Leitungswasser, das durch ein defektes Rohr aus dem Haus kommt. Nicht bei Schäden durch schlechte Arbeit, veraltete Installationen oder versäumte Wartung. Dafür brauchst du eine spezielle Renovierungs-Haftpflichtversicherung.

Was ist mit versteckten Mängeln nach dem Kauf?

Der Verkäufer haftet unabhängig davon, ob er den Mangel wusste oder nicht. Nach § 433 BGB ist er verpflichtet, die Immobilie mängelfrei zu übergeben. Ein alter Öltank, versteckte Feuchtigkeit oder Asbest - das sind Sachmängel. Der Käufer kann Schadensersatz verlangen, auch wenn der Verkäufer nichts gewusst hat. „Gekauft wie gesehen“ schützt nicht vor Haftung.

Wie lange haftet ein Handwerker nach der Renovierung?

Fünf Jahre nach der Bauabnahme. Das ist die gesetzliche Gewährleistungsfrist. Danach ist der Handwerker nicht mehr verantwortlich - selbst wenn die Arbeit schlecht war. Deshalb ist es wichtig, Schäden sofort zu melden und zu dokumentieren. Wer fünf Jahre wartet, verliert seinen Anspruch.

Kann ich die Haftung auf den Handwerker abwälzen?

Nur, wenn du einen schriftlichen Vertrag hast, der die Haftung genau regelt. Aber selbst dann: Wenn der Handwerker insolvent ist oder nicht versichert ist, musst du den Schaden erst einmal selbst tragen. Die Haftung bleibt bei dir als Eigentümer - du kannst den Handwerker nur nachträglich verklagen. Deshalb ist eine eigene Renovierungs-Haftpflichtversicherung der sicherste Weg.