Wenn Sie eine vermietete Immobilie verkaufen wollen, steht oft eine schwierige Entscheidung an: Den Mieter rauswerfen - oder den Mieter mitverkaufen? Viele Verkäufer glauben, dass eine Räumungsklage den Verkaufspreis deutlich steigert. Doch wie teuer ist das wirklich? Und was passiert, wenn die Klage scheitert?
Warum überhaupt eine Räumungsklage?
Viele Käufer wollen eine Immobilie leer kaufen. Sie planen Renovierungen, wollen selbst einziehen oder vermeiden die Komplikationen eines bestehenden Mietverhältnisses. Deshalb bieten sie für leerstehende Wohnungen bis zu 20 % mehr als für vermietete. Das ist der Hauptgrund, warum Vermieter eine Räumungsklage in Erwägung ziehen. Doch laut Bundesgerichtshof (BGH) vom Januar 2022 ist der bloße Wunsch, die Immobilie zu verkaufen, kein rechtlich ausreichender Grund, um einen Mieter zu kündigen. Sie brauchen andere Kündigungsgründe - etwa wenn der Mieter seit Monaten nicht gezahlt hat, oder wenn er die Wohnung schwer beschädigt hat. Oft bleibt nur der Weg über die Gerichte.Wie berechnet man die Kosten einer Räumungsklage?
Die Kosten einer Räumungsklage hängen fast ausschließlich vom sogenannten Streitwert ab. Der wird berechnet als zwölfmal die monatliche Kaltmiete. Bei einer Wohnung mit 750 € Kaltmiete ergibt das einen Streitwert von 9.000 €. Diese Zahl ist der Maßstab für alle Kosten - Gericht, Anwalt, Post, Terminverlegungen.- Gerichtskosten: Bei 9.000 € Streitwert liegen die Gerichtskosten bei etwa 650 €. Das ist der Kostenvorschuss, den Sie vorab zahlen müssen - egal, ob die Klage gewonnen wird.
- Außergerichtliche Anwaltskosten: Ihr Anwalt berechnet für die erste Beratung, den Brief an den Mieter und die Vorbereitung der Klage rund 335 €.
- Prozesskosten des Anwalts: Wenn die Klage eingereicht wird, kommen weitere 466 € hinzu. Das ist die Arbeit im Verfahren bis zur ersten Verhandlung.
Was passiert, wenn die Klage scheitert?
Die Erfolgsquote bei Räumungsklagen im Verkaufskontext liegt bei nur 63 %. Das bedeutet: In fast jedem dritten Fall verlieren Vermieter. Und wenn das passiert? Sie zahlen trotzdem alles. Die Gerichtskosten fallen nicht zurück. Die Anwaltskosten bleiben. Der Mieter bleibt. Und die Immobilie ist weiterhin vermietet - mit all den Risiken, die das mit sich bringt. Noch schlimmer: Wenn der Mieter keine Zahlungsfähigkeit hat, können Sie die Kosten, die Sie im Erfolgsfall von ihm zurückfordern könnten, nie eintreiben. Eine Umfrage des Immobilienverbandes IVD zeigt: In 43 % der Fälle ist der Mieter nach der Klage pleite. Sie zahlen also für einen Prozess, der nichts gebracht hat - und verlieren Zeit, die Sie beim Verkauf brauchen.Wie lange dauert eine Räumungsklage?
Ein typisches Verfahren dauert zwischen fünf und zwölf Monaten. Die Durchschnittsdauer liegt bei 6,4 Monaten. Währenddessen können Sie die Immobilie nicht verkaufen. Käufer warten nicht. Sie suchen sich eine andere Wohnung. Und wenn Sie dann endlich eine Räumungsklage gewonnen haben, ist der Markt vielleicht schon wieder anders - oder die Miete ist durch die Inflation weiter gestiegen, und der neue Mieter will noch mehr. Ein Vermieter aus Graz berichtet in einem Forum: „Ich habe 8 Monate gewartet. Die Wohnung war leer, aber der Käufer hatte in der Zwischenzeit eine andere gefunden. Ich musste den Preis um 12 % senken, um überhaupt noch einen Interessenten zu finden.“
Was kostet eine Räumungsklage wirklich - eine konkrete Rechnung
Stellen Sie sich eine Zweizimmerwohnung mit 800 € Kaltmiete vor. Streitwert: 9.600 €.- Gerichtskosten: 680 €
- Außergerichtliche Anwaltskosten: 335 €
- Prozesskosten Anwalt: 480 €
- Post, Kopien, Terminverlegung (durchschnittlich 2x): 460 €
- Entrümpelung nach Räumung (durchschnittlich): 300 €
- Gesamt: 2.255 €
Alternativen: Was ist billiger?
Es gibt drei echte Alternativen zur Räumungsklage:- Mietvertrag übernehmen: Der Käufer übernimmt den Mieter und den Vertrag. Vorteil: Keine Kosten, kein Risiko, schneller Verkauf. Nachteil: Sie verkaufen mit Mietern - und der Käufer bekommt einen geringeren Preis.
- Aufhebungsvertrag mit Entschädigung: Sie zahlen dem Mieter eine Summe, damit er freiwillig auszieht. Die Summe liegt meist zwischen 2.000 € und 5.000 € - je nach Dauer des Mietverhältnisses und der Wohnungsgröße. Das ist oft günstiger als eine Klage - und viel schneller.
- Verkauf mit Mieter - mit Rabatt: Sie bieten die Wohnung mit Mieter an, aber mit 10-15 % Rabatt. Viele Investoren kaufen genau das - sie wollen keine Räumungsklage, sondern eine Mieteinnahme. In Wien und Berlin sind diese Objekte heute besonders gefragt.
Was Sie vorher wissen müssen
Viele Vermieter unterschätzen die Hürden. Sie denken: „Ich bin der Eigentümer, ich kann machen, was ich will.“ Das ist falsch. Das Mietrecht in Deutschland schützt Mieter sehr stark. Sie dürfen nur kündigen, wenn:- Der Mieter mindestens drei Monate Miete nicht gezahlt hat (§ 543 BGB)
- Er die Wohnung schwer beschädigt hat (§ 569 BGB)
- Er die Wohnung für gewerbliche Zwecke missbraucht (§ 573 BGB)
Rechtschutzversicherung - lohnt sie sich?
Eine Rechtschutzversicherung für Mietrecht kostet zwischen 120 und 180 € pro Jahr. Wenn Sie eine Räumungsklage planen, ist das die billigste Versicherung, die Sie abschließen können. Ohne sie zahlen Sie alles selbst. Mit ihr decken Sie die Anwaltskosten - und oft auch die Gerichtskosten. Viele Versicherer zahlen sogar die Entschädigung an den Mieter, wenn Sie einen Aufhebungsvertrag abschließen. Ein Vermieter aus Linz berichtet: „Ich hatte eine Versicherung. Als der Mieter sich weigerte, auszuziehen, hat die Versicherung den Anwalt bezahlt. Ich musste nur die 300 € für die Entrümpelung zahlen. Ohne die Versicherung hätte ich 2.500 € verloren.“
Was passiert, wenn die Räumung erfolgreich ist?
Selbst wenn Sie gewinnen, ist das nicht das Ende. Sie müssen die Wohnung entrümpeln - oft kostet das 300-800 €. Sie brauchen einen Schlüsseldienst, wenn der Mieter die Schlüssel nicht zurückgibt. Sie müssen die Wohnung reinigen, reparieren, vielleicht sogar neu streichen. Und dann: Wer kauft sie? Der Markt hat sich verändert. Die Zinsen sind höher. Die Nachfrage ist geringer. Die 15-20 % mehr, die Sie erwartet haben, kommen vielleicht nicht an. Ein Immobilienmakler aus Graz sagt: „Ich habe letztes Jahr drei Objekte verkauft, die vorher geräumt wurden. Zwei davon haben den Preis nicht erreicht. Der dritte hat ihn erreicht - aber nur, weil der Käufer ein Investor war, der sofort wusste, dass er den Mieter rauswerfen kann. Die anderen waren Privatleute - und die haben abgelehnt.“Die Wahrheit: Ist eine Räumungsklage lohnenswert?
Die Antwort ist einfach: Nur in seltenen Fällen. Wenn Ihre Wohnung 1.500 € Miete bringt, und Sie einen Investor finden, der bereit ist, 10 % mehr zu zahlen - dann kann es sich lohnen. Wenn Sie einen Mieter haben, der seit 18 Monaten nicht gezahlt hat - dann ist die Klage Ihr Recht. Aber wenn Ihre Wohnung 700-900 € Miete bringt, und Sie nur einen privaten Käufer suchen - dann ist eine Räumungsklage ein finanzielles Risiko, das fast nie aufgeht. Die meisten Vermieter, die eine Räumungsklage durchführen, tun es aus Wut oder Verzweiflung - nicht aus Kalkül. Und das ist der größte Fehler.Was tun, wenn Sie eine vermietete Immobilie verkaufen wollen?
1. Prüfen Sie den Mieter: Zahlt er pünktlich? Ist er ordentlich? Hat er Schäden verursacht? Wenn ja: Dann haben Sie einen guten Grund für eine Kündigung - und vielleicht brauchen Sie gar keine Klage. 2. Reden Sie mit dem Mieter: Bieten Sie ihm eine Aufhebungsentschädigung an. 2.000 € für einen ordentlichen Mieter sind oft besser als 3.000 € Kosten und 6 Monate Warten. 3. Finden Sie einen Käufer, der Mieter akzeptiert: Suchen Sie nach Investoren, nicht nur nach Privatleuten. Die Nachfrage nach vermieteten Wohnungen steigt - besonders in Städten wie Graz, Linz oder Salzburg. 4. Holen Sie sich Rechtsberatung - nicht erst, wenn es losgeht: Ein Anwalt, der sich auf Mietrecht spezialisiert hat, kann Ihnen in einer Stunde sagen, ob Ihre Klage Chancen hat - oder ob Sie Geld verschwenden.Die wichtigste Regel
Die Kosten einer Räumungsklage sind nie nur die Rechnung von Gericht und Anwalt. Sie sind die verlorene Zeit, der verpasste Käufer, die sinkende Nachfrage, die steigenden Zinsen - und das Risiko, am Ende alles zu verlieren. Wenn Sie eine vermietete Immobilie verkaufen wollen, denken Sie nicht: „Wie kriege ich den Mieter raus?“ Denken Sie: „Wie verkaufe ich diese Wohnung am besten - mit oder ohne Mieter?“Kann ich einen Mieter einfach rauswerfen, wenn ich die Immobilie verkaufe?
Nein. Der bloße Verkaufswille ist kein rechtlich gültiger Grund für eine Kündigung. Nach dem Bundesgerichtshof (BGH) vom 18. Januar 2022 darf ein Vermieter nur kündigen, wenn er die Wohnung selbst nutzen will, einem Familienmitglied zur Verfügung stellen will, oder wenn der Mieter schwer gegen den Vertrag verstößt - etwa durch Mietrückstände oder Zerstörung der Wohnung. Ein Verkauf allein reicht nicht.
Wie viel kostet eine Räumungsklage bei einer 800 € Kaltmiete?
Bei einer Kaltmiete von 800 € beträgt der Streitwert 9.600 €. Die Gerichtskosten liegen bei etwa 680 €, die Anwaltskosten bei 815 €, plus Nebenkosten wie Porto, Kopien und Terminverlegungen (ca. 460 €). Die Entrümpelung kostet zusätzlich 300-500 €. Insgesamt liegen die Kosten zwischen 2.200 € und 2.500 €. Wenn der Mieter Widerspruch einlegt oder die Klage verzögert, können es leicht 3.000 € werden.
Wie lange dauert eine Räumungsklage?
Im Durchschnitt dauert eine Räumungsklage zwischen fünf und zwölf Monaten. Die meisten Verfahren dauern etwa 6,4 Monate. Das bedeutet: Sie können die Immobilie während dieser Zeit nicht verkaufen. Viele Käufer gehen in der Zeit zu anderen Objekten. Die Verzögerung ist oft teurer als die Klage selbst.
Was passiert, wenn ich die Klage verliere?
Wenn Sie die Klage verlieren, zahlen Sie trotzdem alle Kosten: Gericht, Anwalt, Post, Entrümpelung. Der Mieter bleibt, und Sie müssen weiterhin Miete einziehen. Außerdem können Sie den Verkauf nicht mehr so schnell durchführen. In 43 % der Fälle ist der Mieter nach der Klage zahlungsunfähig - dann können Sie die Kosten auch nicht von ihm zurückholen.
Ist eine Rechtschutzversicherung sinnvoll?
Ja, besonders wenn Sie eine Räumungsklage in Erwägung ziehen. Eine Rechtschutzversicherung für Mietrecht kostet 120-180 € pro Jahr und deckt in der Regel die Anwaltskosten und oft auch die Gerichtskosten. Ohne Versicherung zahlen Sie alles selbst - und bei einer Klage können das schnell 2.500 € oder mehr sein. In vielen Fällen lohnt sich die Versicherung schon, wenn sie nur einen Fall abdeckt.
Gibt es Alternativen zur Räumungsklage?
Ja. Sie können den Mieter mit einer Aufhebungsentschädigung von 2.000-5.000 € dazu bewegen, freiwillig auszuziehen. Oder Sie verkaufen die Wohnung mit Mieter - viele Investoren suchen genau das. Beides ist oft schneller, sicherer und billiger als eine Klage. Eine freiwillige Lösung kostet im Durchschnitt 3.000 € weniger als eine Räumungsklage - und dauert nur Wochen statt Monate.