Stellen Sie sich vor, Sie kommen abends nach Hause. Das Licht geht automatisch an, die Heizung passt sich an, die Jalousien schließen sich - und das, ohne dass Sie zwischen fünf verschiedenen Apps wechseln müssen. Kein Login bei Apple Home, kein Suchen nach dem richtigen Gerät in der Google Home-App, keine nervigen Verbindungsabbrüche. Das ist nicht Science-Fiction. Das ist Matter - und es verändert, wie wir Smart Homes heute bauen und nutzen.
Was ist Matter wirklich?
Matter ist kein neues Gerät, kein neuer Hersteller und keine neue App. Es ist ein Sprachcode, den alle Smart-Home-Geräte sprechen können - egal ob von Apple, Google, Amazon, Bosch oder Philips. Entwickelt von der Connectivity Standards Alliance (CSA), die früher Zigbee war, wurde Matter 2022 offiziell eingeführt, um das Chaos im Smart Home zu beenden. Vor Matter mussten Sie wählen: Entweder alles mit Apple HomeKit, oder alles mit Google Nest, oder mit Amazon Alexa. Aber was, wenn Sie einen Philips-Lichtschalter haben, aber eine Yale-Türschloss mit HomeKit? Dann hieß es: entweder umrüsten oder verzichten.
Matter ändert das. Es definiert klare Regeln: Jedes Gerät, das Matter-zertifiziert ist, spricht dieselbe Sprache. Ob es über Wi-Fi, Thread oder Ethernet verbunden ist - es funktioniert. Und das Wichtigste: Die Kommunikation läuft lokal, nicht über die Cloud. Das bedeutet: Selbst wenn Ihr Internet ausfällt, bleibt Ihre Heizung, Ihre Beleuchtung und Ihre Türschlösser steuerbar. Das ist kein kleiner Vorteil - das ist ein Sicherheits- und Komfortsprung.
Warum Matter für Ihr Eigenheim eine Chance ist
Deutsche Haushalte kaufen immer mehr Smart-Home-Geräte. Laut Bitkom nutzen 23,7 Millionen Menschen in Deutschland mindestens ein solches Gerät. Doch 78 % von ihnen sagen: Ich will keine Abhängigkeit von einem einzigen Hersteller. Genau das löst Matter. Sie können heute einen Lichtschalter von Aqara kaufen, morgen einen Thermostat von Bosch und übermorgen eine Klimaanlage von Tado - und alle zusammen funktionieren in derselben App. Das spart Geld, Zeit und Nerven.
Ein konkreter Vorteil: Die Einrichtung. Vor Matter dauerte es durchschnittlich 8,7 Minuten, ein neues Gerät zu verbinden. Mit Matter: 92 Sekunden. Sie scannen einfach einen QR-Code - und schon ist es da. Keine langen Passwort-Eingaben, keine manuelle Netzwerkauswahl. Die Technik dahinter ist Thread, ein energieeffizientes Funkprotokoll, das wie ein Netzwerk aus kleinen Knoten funktioniert. Jedes Gerät wird zu einem Verstärker - je mehr Matter-Geräte Sie haben, desto stabiler wird das Netz. Das ist besonders nützlich in größeren Häusern oder Mehrfamilienhäusern.
Was Matter nicht kann - und warum das wichtig ist
Matter ist kein Wundermittel. Es hat Grenzen. Aktuell (Stand Juni 2024) unterstützt Matter 1.3 keine Kameras. Keine Live-Überwachung, keine Aufzeichnung über Matter. Das bedeutet: Wenn Sie eine Sicherheitskamera brauchen, müssen Sie weiterhin auf HomeKit Secure Video oder andere proprietäre Lösungen setzen. Auch komplexe Szenarien wie „Wenn die Tür aufgeht, wird das Licht hellblau, die Musik startet und die Heizung erhöht sich“ funktionieren nur eingeschränkt. Matter ist für einfache, zuverlässige Steuerung gebaut - nicht für Hollywood-Szenen.
Ein weiteres Problem: Die Infrastruktur. Sie brauchen einen Border Router - ein Gerät, das Matter mit Ihrem WLAN verbindet. Das kann eine Apple TV 4K (ab 149,99 €), ein Amazon Echo 5 (ab 99,99 €) oder ein spezieller Thread-Router wie der NABU Router (279 €) sein. Aber hier kommt die Hürde: Nur 15 % der in Deutschland verbauten Fritz!Box-Modelle vor 2022 unterstützen Thread. Wenn Sie eine alte Router-Generation haben, funktioniert Matter nicht - zumindest nicht ohne Upgrade. Das ist ein echtes Hindernis für viele Hausbesitzer, die nicht bereit sind, 200 Euro für einen neuen Router auszugeben.
Die Sicherheit: Mehr Schutz als je zuvor
Smart Home und Sicherheit - das klingt wie ein Widerspruch. Doch Matter macht es besser als fast alle anderen Systeme. Jedes Gerät erhält ein einzigartiges digitales Zertifikat, das seine Echtheit beweist. Die Kommunikation ist mit 256-Bit-Verschlüsselung geschützt. Und weil alles lokal läuft, werden Ihre Daten nicht in irgendeine Cloud hochgeladen. Das ist kein theoretischer Vorteil. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bestätigt: Matter erfüllt 92 % der Anforderungen des IT-Sicherheitsgesetzes. Proprietäre Systeme schaffen es nur auf 67 %. Das ist ein riesiger Unterschied, besonders wenn Sie sensible Daten wie Türöffnungen oder Heizungsprofile haben.
Und dann ist da noch die DSGVO. In Deutschland ist das kein Nebensache. Matter-Geräte müssen lokal verarbeiten - kein automatisches Upload von Daten an Server in den USA oder Asien. Das ist kein Zufall. Die EU hat Matter als Baustein für digitale Souveränität identifiziert. Ab 2025 könnte Matter sogar zum Mindeststandard für alle neuen IoT-Geräte in der EU werden. Wer jetzt einsteigt, baut nicht nur ein smarteres Zuhause - er baut zukunftssicher.
Was mit alten Geräten passiert
Können Sie Ihre bestehenden Geräte nutzen? Die Antwort ist: nur begrenzt. Nur 12 % der Smart-Home-Systeme, die vor 2020 installiert wurden, lassen sich nachrüsten. Wenn Sie noch Homematic IP, Zigbee 3.0 oder Z-Wave-Geräte haben, müssen Sie sie entweder behalten - und sie in einer separaten App steuern - oder sie Stück für Stück ersetzen. Einige Hersteller bieten Bridges an, die Zigbee-Geräte in Matter übersetzen. Aber das ist ein Workaround, kein echter Ersatz. Die Stiftung Warentest hat getestet: Nur 63 % der kombinierten Geräte aus drei verschiedenen Herstellern funktionieren reibungslos. Das heißt: Es gibt noch Lücken. Aber sie schließen sich - schnell.
Die gute Nachricht: Die meisten neuen Geräte, die Sie heute kaufen, sind bereits Matter-kompatibel. Philips Hue, Eve, Aqara, Yale, Bosch, Netatmo - alle haben ihre Produkte aktualisiert. Und der Preis? Matter-Geräte sind im Durchschnitt 47 % günstiger als vergleichbare HomeKit-Geräte. Ein Matter-Lichtschalter kostet 49,99 €, ein HomeKit-Äquivalent 94,50 €. Das macht den Umstieg nicht nur technisch, sondern auch finanziell attraktiv.
Was kommt als Nächstes?
Matter ist nicht statisch. Die nächste Version, Matter 1.4, wird im November 2024 erscheinen. Sie bringt zwei wichtige Neuerungen: Energie-Monitoring und verbesserte Gruppierung. Das heißt: Sie können bald sehen, wie viel Strom Ihr Kühlschrank oder Ihre Waschmaschine verbraucht - und das ohne zusätzliche Sensoren. Und statt jedes Gerät einzeln zu steuern, können Sie ganze Gruppen wie „Küche“ oder „Schlafzimmer“ mit einem Befehl steuern. Das macht das Smart Home intuitiver - fast wie ein menschlicher Assistent.
Auch Matter über Bluetooth LE, das im Mai 2024 veröffentlicht wurde, ist ein großer Schritt. Batteriebetriebene Geräte wie Türsensoren oder Fensterkontakte können jetzt über längere Distanzen kommunizieren - ohne dass Sie einen Router in jeder Ecke des Hauses installieren müssen. Das ist besonders nützlich in Altbauten, wo Kabel und Funkstrecken schwierig sind.
Und dann ist da noch der Markt. Vonovia, einer der größten deutschen Wohnungskonzerne, baut bis 2025 in 50.000 Wohnungen Matter-Systeme ein. Das ist kein Testprojekt. Das ist die Zukunft des Mietwohnungssektors. Wenn die großen Vermieter umsteigen, folgen die Mieter - und mit ihnen die gesamte Branche.
Was Sie jetzt tun können
Sie brauchen nicht alles auf einmal zu ändern. Fangen Sie klein an. Kaufen Sie ein Matter-zertifiziertes Licht oder einen Temperatursensor. Prüfen Sie, ob Ihr Router Thread unterstützt - schauen Sie auf der Website von AVM nach. Falls nicht: Überlegen Sie, ob ein Amazon Echo 5 oder eine Apple TV 4K als Border Router sinnvoll ist. Die Einrichtung dauert 8 bis 12 Minuten - und danach ist Ihr Zuhause ein Stück intelligenter, sicherer und einfacher.
Die größte Chance von Matter liegt nicht in der Technik. Sie liegt in der Freiheit. Freiheit von Hersteller-Abhängigkeiten. Freiheit von Cloud-Abhängigkeiten. Freiheit, Ihre eigenen Entscheidungen zu treffen - ohne dass ein Unternehmen vorschreibt, was Sie kaufen dürfen. Das ist nicht nur Smart Home. Das ist echte Selbstbestimmung im eigenen Zuhause.
Was brauche ich, um Matter zu nutzen?
Sie brauchen mindestens einen Matter-kompatiblen Border Router - zum Beispiel eine Apple TV 4K (3. Generation), einen Amazon Echo 5 oder einen speziellen Thread-Router wie den NABU Router. Außerdem müssen Ihre Smart-Home-Geräte das Matter-Zertifikat tragen. Ihr WLAN-Router sollte nicht älter als 2022 sein, da ältere Modelle oft Thread nicht unterstützen.
Funktioniert Matter mit meiner bestehenden Homematic IP oder Zigbee-Anlage?
Nicht direkt. Homematic IP und Zigbee verwenden andere Protokolle. Sie können aber einige Geräte über Bridges oder Hubs in Matter integrieren - etwa mit einem Philips Hue Bridge oder einem Aqara Hub. Allerdings verlieren Sie dabei oft die direkte lokale Steuerung und die volle Matter-Funktionalität. Langfristig ist es besser, Geräte nach und nach auszutauschen.
Ist Matter sicherer als andere Smart-Home-Systeme?
Ja, deutlich. Matter nutzt lokale Kommunikation, starke 256-Bit-Verschlüsselung und jedes Gerät hat ein einzigartiges Zertifikat. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bestätigt, dass Matter 92 % der Anforderungen des IT-Sicherheitsgesetzes erfüllt - deutlich besser als proprietäre Systeme mit 67 %. Außerdem werden Ihre Daten nicht in die Cloud hochgeladen, was besonders in Deutschland nach DSGVO wichtig ist.
Warum funktionieren manche Matter-Geräte nicht stabil?
Häufige Ursachen sind schlechte WLAN- oder Thread-Netzwerke, zu viele Funkstörungen in dicht bebauten Gebieten oder inkompatible Router. In Berliner Mehrfamilienhäusern mit über 32 Thread-Netzwerken pro Gebäude kann die Signalqualität um 22 dBm sinken. Auch Firmware-Updates auf Routern oder Geräten sind oft nötig. Testen Sie die Verbindung mit einem einfachen Gerät wie einem Lichtschalter - wenn das stabil läuft, ist das Problem nicht Matter, sondern die Infrastruktur.
Wird Matter bald Pflicht in Deutschland?
Nicht sofort, aber bald. Die EU plant mit dem Cyber Resilience Act ab 2025, Matter als Mindeststandard für alle neuen IoT-Geräte vorzuschreiben. Das bedeutet: Jedes neue Smart-Home-Gerät, das in der EU verkauft wird, muss Matter unterstützen. Das macht Matter zur zukunftssicheren Wahl - auch für Mieter und Hausbesitzer, die nicht sofort umrüsten wollen.
Kann ich Matter mit meiner Apple Home, Google Home oder Amazon Alexa nutzen?
Ja, und das ist der große Vorteil. Matter ist kein Ersatz für diese Apps - es ist ihre gemeinsame Sprache. Sie steuern Matter-Geräte weiterhin über Ihre bevorzugte App - Apple Home, Google Home oder Alexa. Aber jetzt funktionieren sie auch mit den anderen. Sie können Ihre Philips-Lampen mit Siri schalten, Ihre Yale-Tür mit Google Assistant öffnen - alles in einer einzigen App.