Stell dir vor, du kommst nach Hause, und das Licht geht automatisch an, die Heizung wird auf angenehme 21 Grad hochgefahren, und die Rollläden fahren hoch - ohne dass du einen Knopf drücken musst. Gleichzeitig, wenn du das Haus verlässt, schaltet sich die Alarmanlage ein, die Lampen gehen aus, und die Kaffeemaschine stellt sich ab. Das ist kein Science-Fiction-Film. Das ist Geofencing im Smart Home - und es funktioniert heute besser denn je.
Wie Geofencing wirklich funktioniert
Geofencing ist keine magische Technik. Es ist einfach: Dein Smartphone sendet seine Position über GPS an deine Smart Home-Zentrale. Wenn du einen vordefinierten Bereich um dein Zuhause betrittst oder verlässt, löst das eine Aktion aus. Diese virtuelle Grenze, der sogenannte Geofence, ist meist ein Kreis mit einem Radius von 100 bis 700 Metern um deine Hausadresse. Keine Kameras, keine Sensoren an der Tür - nur dein Handy und eine kluge Regel.
Die Technik ist nicht neu. Sie wurde ursprünglich für Logistik und Fahrzeugflotten entwickelt, um Lieferfahrzeuge zu tracken. Seit 2015 aber hat sie Einzug in die Wohnzimmer gehalten - vor allem durch Apple mit iOS 12 und den Shortcuts. Heute ist Geofencing die am häufigsten genutzte Methode zur Anwesenheitserkennung in deutschen Smart Homes. Laut einer GfK-Studie aus September 2023 nutzen 78 % der Nutzer Geofencing, weit vor WLAN-basierten Lösungen oder Kameras.
Warum du Geofencing brauchst - und warum du es falsch machen könntest
Der größte Vorteil ist Energieeinsparung. Wenn niemand zu Hause ist, schaltet sich die Heizung automatisch auf Sparmodus. Einige Systeme sparen bis zu 20 % Heizenergie, wie enter.de bestätigt. Das ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für deine Stromrechnung.
Dann gibt’s den Komfort: Du kommst abends müde nach Hause - das Licht geht an, die Musik läuft, die Heizung ist warm. Kein Suchen nach dem Lichtschalter, kein Herumfummeln mit der App. Und Sicherheit: Sobald der letzte Bewohner das Haus verlässt, aktiviert sich die Alarmanlage. Kein Vergessen mehr.
Aber hier kommt der Haken: Geofencing ist nicht perfekt. Wenn dein Handy den Akku verliert, wenn du in einer Stadt mit hohen Gebäuden unterwegs bist, oder wenn die GPS-Signale gestört werden, funktioniert es nicht. Prof. Dr. Anja Weber von der Fachhochschule Düsseldorf hat in Tests festgestellt: In 15 % der Fälle traten in städtischen Ballungsräumen Signalausfälle auf - und das führte zu falschen Zuständen. Dein System denkt, du bist zu Hause, obwohl du noch auf der Arbeit bist. Und dann läuft die Heizung auf Vollgas, während du draußen bist.
Die Unterschiede zwischen den Systemen
Nicht alle Systeme sind gleich. Die Wahl der Plattform entscheidet darüber, wie zuverlässig und flexibel deine Automatisierung funktioniert.
Apple HomeKit ist die einfachste Lösung, wenn du iPhone nutzt. Ab iOS 15.4.1 kannst du direkt in der Home-App „Alle verlassen das Haus“ als Trigger einrichten. Keine zusätzliche App nötig. Aber: Bei sicherheitskritischen Aktionen wie der Alarmanlage fragt das System immer nach - auch wenn du und deine Partner das Haus gemeinsam verlassen. Ein Nutzer im Smartapfel-Forum beschreibt es so: „Nur meine Frau bekommt die Frage, ob die Automation starten soll. Wir verlassen beide das Haus - aber niemand wird gefragt.“ Das ist frustrierend.
Arlo Security bietet detaillierte Automatisierungen mit „Ankunft“ und „Verlassen“-Modi. Du kannst sagen: „Wenn ich nach Hause komme, schalte ich den Modus auf ‚Zu Hause aktivieren‘.“ Aber: Du brauchst ein Premium-Abonnement (ab 14,99 €/Monat seit 2023), sonst funktioniert Geofencing nicht. Und viele Nutzer klagen über falsche Zeitpläne: „Wenn wir beide vor 8 Uhr abwesend sind, schaltet es um 8 Uhr auf Standby - obwohl wir immer noch weg sind.“
homee ist die flexibelste Lösung. Hier kannst du komplexe Logik bauen. Du kannst ein „Homeegramm“ erstellen, das nur dann auf „Abwesend“ schaltet, wenn beide Handys den Geofence verlassen haben - und erst nach einer 10-Minuten-Verzögerung. Das verhindert, dass die Heizung ausgeschaltet wird, weil du kurz zum Briefkasten gehst. 82 % der homee-Nutzer im susay.de-Blog loben genau diese Verzögerung. Sie ist der Schlüssel zu zuverlässigem Geofencing.
@Home (von eq-3) ist eine klassische CCU-Lösung. Du musst eine Systemvariable namens „Anwesenheit“ anlegen und zwei Kurzbefehle definieren: einen für Ankunft, einen für Abwesenheit. Es ist technisch anspruchsvoller, aber sehr stabil - besonders für Nutzer, die schon mit HomeMatic oder CCU arbeiten.
So richtest du Geofencing richtig ein
Wenn du loslegen willst, hier ist der praktische Weg - Schritt für Schritt.
- Wähle deine Plattform. Nutzt du iPhone? Dann fang mit HomeKit an. Hast du ein Android-Handy und willst mehr Kontrolle? Dann schau dir homee an.
- Definiere den Radius. Für die Abwesenheitserkennung: 500-700 Meter. Für die Ankunft: nur 100 Meter. Warum? Wenn du zu weit draußen bist, könnte das Licht schon angehen, während du noch auf dem Weg bist. Zu nah, und es reagiert nicht, wenn du die Einfahrt passierst.
- Verwende keine Hausadresse als Mittelpunkt. Ein Trick aus dem Smartapfel-Forum: Nimm die Adresse des Nachbarn als Zentrum, wenn dein Haus zu weit außen liegt. So vergrößerst du den Radius, ohne die Einstellungen zu verändern.
- Für mehrere Personen: UND-Verknüpfung. Wenn du mit deinem Partner oder Kindern lebst, soll die Automatisierung nur auslösen, wenn alle den Geofence verlassen haben. homee macht das mit „Homeegrammen“. Bei HomeKit musst du die „Alle verlassen das Haus“-Bedingung nutzen - aber achte darauf, dass alle Handys in der Home-App eingetragen sind.
- Teste mindestens eine Woche. Gehe am Tag zwei Mal raus, komm zwei Mal zurück. Beobachte, ob die Automatisierung funktioniert. Schreibe auf, wann es nicht klappt. Dann justierst du den Radius oder die Verzögerung.
Die Einrichtung dauert bei einfachen Systemen 15-30 Minuten. Bei komplexen Szenarien mit mehreren Personen und mehreren Geräten bis zu 8 Stunden. Aber es lohnt sich.
Was du vermeiden solltest
Ein großer Fehler: Geofencing als einzige Sicherheitsmaßnahme nutzen. Dr. Markus Schneider von TINK warnt: „Ohne zusätzliche Sensoren - etwa einen Bewegungsmelder im Garten - ist Geofencing allein für Alarmanlagen nicht ausreichend.“ Stell dir vor, jemand stiehlt dein Handy. Oder dein Kind nimmt es mit in die Schule. Dann denkt das System, du bist abwesend - und schaltet die Alarmanlage aus. Ein echtes Sicherheitsrisiko.
Ein weiterer Fehler: Die Akku-Optimierung deines Handys ignorieren. Android-Handys schalten GPS oft ab, um den Akku zu schonen. Das führt zu verzögerten oder fehlenden Trigger. Nutze die Einstellungen deines Handys und erlaube der Smart Home-App, im Hintergrund zu arbeiten - auch wenn der Akku niedrig ist.
Und vergiss nicht: Geofencing funktioniert nur, wenn dein Handy eingeschaltet und mit Internet verbunden ist. Wenn du es im Auto liegen lässt, weil du es aufladen willst, wird dein Zuhause nicht automatisch auf „Abwesend“ gestellt.
Die Zukunft: Was kommt als Nächstes?
Die Technik entwickelt sich weiter. Apple hat mit iOS 17.2 (Dezember 2023) Machine Learning eingebaut: Das System lernt deine Routen - und erkennt, ob du wirklich nach Hause kommst oder nur eine Runde drehst. homee plant für Q2 2024 die Integration von UWB (Ultra-Wideband), einer Technik, die deine Position im Haus auf Zentimeter genau bestimmt. Das bedeutet: Du betrittst die Wohnung, und die Lampe im Flur geht an - nicht erst, wenn du die Haustür öffnest.
Die Prognose von Gartner ist klar: Bis 2025 wird Geofencing in der „Plateau of Productivity“ angelangt sein - also stabil, zuverlässig und alltäglich. Premium-Systeme erreichen dann 85 % Zuverlässigkeit. Aber Basic-Lösungen bleiben bei 70-75 %. Das heißt: Wenn du billig bist, wirst du Ärger haben.
Die Zukunft liegt nicht im einzelnen Geofence, sondern in der Kombination: Geofencing + WLAN-Scanning + Kameras + Bewegungsmelder. Nur so entsteht eine echte, fehlerfreie Anwesenheitserkennung. Aber für die meisten Haushalte reicht Geofencing heute völlig aus - wenn es richtig eingerichtet ist.
Was du jetzt tun kannst
Wenn du noch keine Automatisierung hast: Fang klein an. Richte eine einfache Regel ein: „Wenn ich nach Hause komme, geht das Wohnzimmerlicht an.“ Teste eine Woche. Wenn es funktioniert, baue weiter aus: Heizung, Rollläden, Musik.
Wenn du schon Geofencing nutzt, aber es nicht zuverlässig läuft: Prüfe den Radius. Er ist wahrscheinlich zu klein oder zu groß. Teste mit 300 Metern für Abwesenheit und 100 Metern für Ankunft. Und stelle sicher, dass alle Handys in der App erkannt werden.
Geofencing macht dein Zuhause nicht nur smarter - es macht es menschlicher. Es nimmt dir Routinearbeiten ab. Es schützt dich. Es sorgt dafür, dass du dich zu Hause wohlfühlst - ohne dass du etwas tun musst. Das ist der wahre Wert von Smart Home.
Kann ich Geofencing mit Android nutzen?
Ja, aber mit Einschränkungen. Android-Handys ab 2020 mit Android 8.0 oder höher können Geofencing nutzen - aber viele Hersteller deaktivieren GPS im Hintergrund, um den Akku zu schonen. Das führt zu verzögerten oder fehlenden Trigger. Apple-Handys arbeiten zuverlässiger, weil iOS GPS aktiv hält, wenn eine Smart Home-App läuft. Wenn du Android nutzt, deaktiviere die Akku-Optimierung für deine Smart Home-App und teste gründlich.
Warum fragt HomeKit immer nach, wenn ich das Haus verlasse?
Apple baut Sicherheitsbestätigungen ein, um ungewollte Aktionen zu verhindern - besonders bei Alarmanlagen. Das ist gut, wenn du allein lebst. Aber in Mehrpersonenhaushalten wird es nervig: Nur ein Handy bekommt die Frage, das andere nicht. Lösung: Nutze die Funktion „Alle verlassen das Haus“ und stelle sicher, dass alle Handys in der Home-App als „Mitglieder“ eingetragen sind. Alternativ: Nutze homee, das keine Bestätigungen braucht, wenn du die Logik richtig aufbaust.
Wie groß sollte der Geofence-Radius sein?
Für Abwesenheit: 500-700 Meter. Das verhindert, dass die Heizung ausgeschaltet wird, wenn du kurz zum Bäcker gehst. Für Ankunft: 100 Meter. So wird das Licht nicht angeknipst, während du noch auf der Straße bist. Viele Nutzer testen mit 300 Metern und passen an. Wenn du zu weit draußen bist, probiere es mit der Adresse des Nachbarn als Mittelpunkt - das ist ein bewährter Trick.
Kann ich Geofencing ohne Smartphone nutzen?
Nein. Geofencing basiert auf GPS-Positionen deines Smartphones. Ohne Handy gibt es keine Ortserkennung. Alternativen sind WLAN-basierte Systeme (erkennen, ob dein Handy im Netz ist) oder Bewegungsmelder an der Tür. Aber die sind weniger genau und nicht so flexibel. Geofencing ist die einzige Methode, die automatisch erkennt, ob du das Haus verlässt - egal, ob du zu Fuß, mit dem Auto oder dem Fahrrad gehst.
Was kostet Geofencing?
Bei Apple HomeKit ist es kostenlos - du brauchst nur ein iPhone und die Home-App. Bei Arlo kostet es 14,99 €/Monat für das Premium-Abonnement. homee und @Home sind einmalig kostenpflichtig (ca. 100-200 € für die Zentrale), aber danach keine laufenden Kosten. Der durchschnittliche Nutzer zahlt 5,80 €/Monat - meist für Zusatzfunktionen wie Cloud-Speicher oder Alarm-Notifications. Für die meisten reicht die kostenlose Variante.